Grüße zum Advent
Der Rathenower Heimatbund e.V. wünscht seinen Unterstützern und seiner werten Kundschaft eine gesegnete Vorweihnachtszeit.
Kurztext: Vor gut 100 Jahren erhellten die Höhlen, Hütten und Häuser der Menschen hauptsächlich Rüböl- und Petroleumlampen. Stadtbewohner nutzten zunehmend Gaslicht, ab 1900 auch elektrische Beleuchtung. Stetige technische Verbesserungen – von Glühlampe über Leuchtstofflampen bis zu LEDs – revolutionierten den Lichtkomfort, die Sicherheit und die Verfügbarkeit. Heute dominiert weltweit zunehmend LED-Technik die Innen- und Außendeleuchtung
Wie die künstliche Beleuchtung einst in unsere Wohnungen kam
Eine lichttechnische Zeitreise in das Leben unserer Vorfahren
von Hans-Jürgen Wodtke
Wenn so, wie am letzten Wochenende in weiten Teilen des Westhavellandes die Elektroenergieversorgung zusammenbricht, dann ist bei den meisten Betroffenen „Panik angesagt“. Besonders bei schwindendem Tageslicht und damit zunehmender Dunkelheit in den Gebäuden macht sich eine solche „Stromsperre“ außerordentlich unangenehm bemerkbar.
Der Wunsch nach Lichtquellen in der Dunkelheit
Gern zeigte man in den Anfangsjahren der künstlichen Beleuchtung mit "Strom" seinen Wohlstand. Hatte eine Leuchte dann fünf Glühlampen, so sprach man von einer Fünf-Kerzigen-Lampe. Sammlung Wodtke Über so ein Ereignis hätten unsere Vorfahren vor gut 100 Jahren bestenfalls „müde gelächelt“. Denn damals konnten überwiegend nur wenige außerhalb der Stadt, auf eine moderne technische Ausleuchtung ihrer Wohnräume verweisen. Betrieben wurden die Beleuchtungsanlagen mit regional erzeugtem Stadtgas oder Elektroenergie aus dem städtischen Elektrizitätswerk. Die Menschen im ländlichen Raum nutzten nach wie vor die unterschiedlichsten Energieträger um etwas Licht in ihre finsteren Behausungen zu bringen. Und trotzdem waren sie zu Beginn des 20. Jahrhundert, dank zahlreicher Erfindungen, schon wesentlich besser dran, als ihre Vorfahren.
Der Wunsch nach angemessener Ausleuchtung der frühen Höhlenwohnstätten, der kargen Hütten, der vielfältigen Produktionsstätten, aber auch der prächtigen Paläste, ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Und so ist die Geschichtsschreibung reich an Beispielen, wie unsere Vorfahren die natürlich gegebene Tageslänge zu „strecken“ versuchten. In einem Fachbuch aus dem sehr frühen 20. Jahrhundert heißt es hierzu: “Vor der Einführung der Gasbeleuchtung in der Mitte des 19. Jahrhundert genügte es, dass in den Häusern, je nach der Wohlhabenheit der Bewohner der brennende Kienspan, die Rübölfunzel oder das Talglicht etwas Licht spendete, wenn auch diese für den sicheren Betrieb ständig „geputzt“ bzw. durch Dienstpersonal betreut werden mussten. Dagegen wurden die teureren und wartungsärmeren Wachskerzen hauptsächlich zur Festbeleuchtung auf Kronenleuchtern verwendet, obwohl sie dabei immer wieder auf die Ballkleider der Damen und die Fräcke der Herren herunter tropften.“
Petroleumlampen und Rüböllicht
Auch Heimatforscher Walter Specht hat sich in einem seiner zahlreichen Artikel zur Erforschung der Regionalgeschichte mit der Beleuchtung der Wohn- und Geschäftsräume unserer Vorfahren beschäftigt. In einem Artikel im Heimatkalender von 1911 beschreibt er die umfangreiche und recht bemerkenswerte Sammlung von „Beleuchtungsgegenständen“ im Nauener Stadtmuseum. Danach war die Vielfalt an Lichterzeugern zu dieser Zeit bemerkenswert groß. Als Energiequelle diente anfangs tierischer Speck und dann später das aus dem Rapssamen gewonnene Rüböl. Ab etwa 1870 wurde dieses immer mehr durch das wesentlich preiswertere, aus Erdöl gewonnene, Petroleum ersetzt. Die dazu passende Petroleumlampe erfand bereits 1855 der Amerikaner Benjamin Silliman. Der geringere Preis bei guter Verfügbarkeit des Brennstoffes und die energetisch und optisch immer besseren Lampenkonstruktionen führten in den folgenden Jahren auch in Deutschland zu einer großen Verbreitung von petroleumbetriebenen Leuchten. Davon profitierten, Dank der einsetzenden Massenproduktion, auch die finanzschwächeren Bevölkerungsschichten im Lande. So konnte das Petroleumlicht bis weit ins 20. Jahrhundert hinein erfolgreich mit dem Gaslicht und dem Elektropendant konkurrieren und findet noch heute seine Liebhaber.
Doch das mit Petroleum erzeugte Licht hatte in der täglichen Praxis auch seine Grenzen. Neben dem stetig notwendigen Wartungsaufwand erzeugten die Abgase des verbrannten Petroleums übel riechende, qualmende Gase. Zudem kam es immer wieder beim unsachgemäßen Betrieb der Leuchten zu Unfällen und Bränden.
Gasbeleuchtung in den städtischen Wohnungen
Schon seit Mitte des 19. Jahrhundert war als wesentlich komfortable Beleuchtungsvariante das Gaslicht auf dem Vormarsch. Auch wenn der technische Aufwand, wie Anschaffung eines Gaswerkes, in dem aus Steinkohle sogenanntes Stadtgas erzeugt wurde und die fachgerechte Verlegung von Rohrleitungen, Montage von Armaturen und weiteren Zubehör einen hohen finanziellen Aufwand bedeutete. Zudem blieb die Nutzbarkeit überwiegend nur auf den städtischen Bereich beschränkt und setzte damit der größeren Verbreitung Grenzen. Das erste Gaswerk in Rathenow ging am 15. Oktober 1866 in Betrieb. Es befand sich an der Ecke Berliner Straße / Bahnhofstraße. Von hier aus versorgte man damals 143 städtische Straßenlampen und 1424 private Abnehmer in der Stadt. In der ersten Phase wurde das städtische Gas überwiegend für Beleuchtungszwecke benutzt und deshalb auch als Leuchtgas bezeichnet. Der Qualitätssprung der neuen Beleuchtungstechnik zu dem bisher dagewesenen, muss seiner Zeit gravierend gewesen sein. Hinzu kamen immer neue optisch-technische Entwicklungen, die bei der städtischen Bevölkerung rasch zu einer noch höheren Akzeptanz für das Gaslicht führten. Damit entwickelte sich ein stetig wachsender Bedarf an Gas, nicht nur zur Ausleuchtung in den Wohnstätten, sondern auch bei den zahlreichen Manufakturen und Betrieben in der Stadt. Folglich errichtete 1902 die Stadt bereits ein neues, wesentlich leistungsfähigeres Gaswerk im Süden der Stadt. Denn schon längst diente das angebotene Stadtgas nicht mehr nur ausschließlich zu Beleuchtungszwecken, sondern wurde in den Haushalten zum Kochen und der gleich, sowie in den Betrieben für die Produktion benötigt.
Riesige Leuchten brachten im Rathenower Cafe „Rheingold“ nicht nur das nötige Licht, sondern waren auch gestalterische Elemente, die den großen Räumen die gewünschte Nobles gaben. Sammlung Wodtke
Die sukzessive Einführung der elektrischen Beleuchtung
Mit der Erfindung der Glühlampe und deren Anmeldung 1840 zum Patent, entstand erst ganz langsam, später dann aber recht schnell, eine starke Konkurrenz zum Gaslicht. Doch bis zum endgültigen Durchbruch des „elektrischen“ Lichtes waren in den folgenden Jahrzehnten weitere bemerkenswerte Erfindungen notwendig. Dazu gehörten stetige Verbesserungen an der Glühlampe, von der Kohlefadenlampe bis zu der endlich den Durchbruch bringenden Glühlampe mit Wolfram-Glühfaden, um 1910. Zu dieser Zeit standen schon von Werner von Siemens entwickelte und in beachtlicher Stückzahl gebaute elektrische Generatoren bereit. Mit Hilfe von Dampfmaschinen als Antrieb konnte mit diesen Elektrogeneratoren, die zum Betrieb der Glühlampen notwendige Elektroenergie erzeugt werden. Die neue Energieform machte auch vor Rathenows Toren nicht halt und führten 1902 zum Beschluss, ein städtisches Elektrizitätswerk am Schleusenkanal bauen zu wollen. Am 8. März 1904 ging dieses nach 14tätigem Probelauf in Betrieb und versorgte Anfangs 99 Abnehmer mit „Lichtstrom„ und 24 Abnehmer mit „Kraftstrom“. Bereits zum Jahresende hatte sich die Abnehmerzahl jeweils mehr als verdoppelt.
Von nun an konkurrierten die auf Basis von Gas betriebenen Beleuchtungsanlagen mit den „Elektrischen“ um die Gunst der Verbraucher. Installiert und instandgehalten wurden die Anlagen zu der Zeit noch von den Gasinstallationsfirmen, die kurzerhand ihr Geschäftsfeld um den Elektropart erweiterten. Doch mit dem wohl so nicht erwarteten raschen Zuwachs an Abnehmeranlagen kam das städtische Kraftwerk schnell an seine Leistungsgrenzen.
Ein Ausweg aus dieser Situation versprach 1910/ 1911 die Verbindung des städtischen Elektroenergienetzes mit dem Netz des Kreiselektrizitätswerkes Spandau. Die etwas später vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Osthavelland führte bereits in den späten 1920 Jahren zu einer nahezu flächendeckenden Elektroenergieversorgung in beiden Landkreisen. Die Kreise galten damals als die bestversorgte Region des Reiches.
Moderne Lichttechnik: von der Leuchtstofflampen zu LEDs
Mit der umfangreichen Bereitstellung von Elektroenergie, auch auf dem Lande, wurde die Gasinnenbeleuchtung auch im städtischen Bereich rasch zurückgedrängt. Elektro war jetzt nicht nur eine modernere Energieform sondern wesentlich wartungsärmer, sicherer und vor allem überall verfügbar. Zudem kam es zu revolutionierenden neuen Entwicklungen beim „elektrischen Licht“, wie die Einführung der Leuchtstofflampe, ab 1938, erst in den USA und ab den 1950Jahren dann weltweit. Die Lampenröhren wurden in den Folgejahren immer kleiner, dünner und erhielten als Kompaktleuchtstofflampen die vielfältigsten Formen. Doch trotz aller Weiterentwicklungen bei den Lichtquellen verschwand die Glühlampe nie vom Markt und kam als Halogenglühlampe in den 1990er noch einmal zu neuem Ruhm. Nun gibt es seit rund 10 Jahren mit den LED-Leuchtmitteln eine, bisher noch lange nicht abgeschlossene, und dennoch schon beispiellose Neuerung in der Lichttechnik. Die Veränderungen an Lichtausbeute, Gestaltungsmöglichkeiten und Lebensdauer der LED-Lampen sind schon heute so groß, dass bis 2020 der Anteil an LED-Beleuchtung weltweit auf mindestens 70 Prozent steigen wird.
Quellen:
• Erfinder und Erfindungen, Dr. Albert Neuburger, 1913 Ullstein & Co Berlin-Wien
Erschienen mit geringfügigen Änderungen am 3. Dez. 2017 in der BRAWO, Lokalausgabe Rathenow